Mittwoch, 18. Juli 2012

Vassilaksches Demokratieverständnis

Die Diskussion um das Wiener Parkpickerl nimmt nach der gestrigen Pressekonferenz von Bürgermeister Häupl (SPÖ) und Vizebürgermeisterin Vassilakou (Grüne) eine neue Dimension an. Mehr als 150.000 Wienerinnen und Wiener haben mit ihrer Unterschrift die Abhaltung einer Volksbefragung zum Thema Parkpickerl in den Außenbezirken erwirkt. Natürlich werden diese Unterschriften ernst genommen, so Vassilakou, die nicht nur für den Verkehr sondern auch für Bürgerbeteiligung (sic!) zuständig ist. Laut Wiener Stadtverfassung (§112a) muss sie das. Die notwendigen 57.226 Unterschriften wurden klar übertroffen.

Wie schaut es aber wirklich mit dem Ernstnehmen der Bürger aus? Das Parkpickerl wird im Herbst 2012 durchgezogen, aber erst für 2013 eine "umfassende Volksbefragung" versprochen. Und der Grund dafür? "Zunächst sind jedoch die Expertinnen und Experten an der Reihe, ein Konzept zu entwickeln. Dabei geht es um eine Sachentscheidung, die die veranschlagte Zeit benötigt" - so die Homepage der Stadt Wien.

Ähmmm??? - so fragt sich wohl der politisch interessierte Bürger. Es gibt einen Parkpickerlkoordinator der Stadt Wien, einen Radfahrkoordinator der Stadt Wien und die Ausschreibung eines Fußgängerkoordinators der Stadt Wien ist derzeit im Laufen. Hätten diese Koordinatoren, die zuständige Verkehrsstadträtin und die Verkehrskommissionen der betroffenen Bezirke sowie Rathausbeamte - nämlich diese, die noch nicht mit 53,3 Jahren durchschnittlich in Frühpension bzw. mit 57,1 Jahren in Pension gegangen sind - vulgo die Experten, nicht schon längst ein Konzept entwickeln können?

Die Umsetzung des Parkpickerls kostet immerhin ein paar Millionen Euro. Wetten, dass das dem Volk nicht egal ist, falls es bei der Volksbefragung 2013 dazu doch noch theoretisch befragt werden sollte?

P.S.: Der mündige Bürger kann aber auch anders - 2013 stehen Nationalratswahlen in Österreich an.

Donnerstag, 12. Juli 2012

And now... to the fantastic Rolling Stones!

Als die Rolling Stones den Titel Down the Road a Piece auf ihrer zweiten LP The Rolling Stones No. 2 übers Jahr 1964 einspielten, war der Song bereits 24 Jahre alt. Die ersten Textzeilen

Now if you wanna hear some boogie like I'm gonna play
It's just an old piano and a knockout bass
The drummer's man's a cat they call Charlie McCoy
You know, remember that rubber-legged boy?

waren wohl mehr als maßgebend für ihre ersten Jahre.

Das old piano, der knockout bass und der drummer man waren das Rückgrat der Stones. Die beste swingende Rhythmusgruppe einer weißen R&B-Band: Un-Stones Ian Stewart am Piano, Billy Wyman am Bass und Charlie Watts am Schlagzeug. Dazu noch Keith Richards an der Rhythmus-Gitarre. Der rubber-legged boy, der kann und muss nur Mick Jagger sein. Und ich frag mich noch immer, wer wohl der besser blues harp Spieler der Stones war: Mick oder Brian Jones?

In Wahrheit waren die Stones aber nie eine Rock oder Rock’n’Roll Band. Für mich sind die wahren Stones, die Early Stones. Als sie die Klassiker des Blues und Rhythm & Blues auf ihre Art interpretierten. Man stelle nur die Chuck Berry-Aufnahmen von Carol, Route 66, You Can't Catch me, Down the Road a Piece oder Come On denen der Stones gegenüber (siehe Spotify-Playlist). Nicht zu vergessen die Interpretationen der Songs von Willie Dixon wie I want to be loved – die B-Seite ihrer ersten Single aus dem Sommer 1963 – Down the Bottom aus dem Frühjahr 1964 oder Little Red Rooster, mit dem die Stones im Dezember 1964 an erster Stelle der britischen UK Single Charts standen.

Wille Dixon führt uns natürlich zu Chess Records. Aus dieser Chicagoer Ursuppe des Blues, R&B and Rock'n'Roll entstammten Musikgötter wie Muddy Waters, Bo Diddley, Chuck Berry, Howlin' Wolf und Etta James. Mit der Instrumentalnummer 2010 South Michigan Avenue setzten die Stones bereits 1964 ein Denkmal für Chess Records. Übrigens, auf 2010 blies Brian die harp.

Und dann kam Aftermath. Die im April 1966 veröffentliche LP war die erste, die ausschließlich Jagger/Richards-Kompostionen beinhaltete: Lady Jane und Under my Thumb sind dem Durchschnittsradiohörer wohl am bekanntesten. Zu selten wird wohl Flight 505 mit dem Piano-Intro von Ian Stewart und auch das Lied von der little yellow pill - der Mother’s Little Helper - gespielt.

Nicht zu vergessen, dass die Stones neben Stewart (1938-1985) mit Jack Nitzsche (1937-2000), einst die rechte Hand von Phil Spector, einen weiteren genialen Pianisten, aber auch Arrangeur an ihrer Seite hatten.

Zwei Konzertmitschnitte der Stones sind eng mit der Musikgeschichte der Flower Power-Zeit verbunden: das berühmte Hyde Park Konzert (Stones in the Park) und Altamont (Gimmer Shelter). Das bringt mich bereits in die Mitte der 1980er als ich auf Kassette die überspielte Bottleg LP des Hyde Park Konzertes mein eigen nennen durfte. Doch zuvor nahm ich 1978 als 10-jähriger erstmals mit Miss you einen Stones-Song "unbewusst" auf Kassette auf. Jahre später erkannte ich, dass Ende der 70iger die Goldene Ära der Stones schon längst vorbei war. Exile on Main St. wird mir ihr musikalisches Vermächtnis und als einer ihrer besten Studioalben in Erinnerung bleiben.

P.S.: Übrigens, meine erste selbstgekauft LP war Got live if you want it.